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Die letzte Hinrichtung in Aichach

Am 12. Dezember 1835 fand in Aichach die letzte Hinrichtung statt. Am 14. März 1835 wurde die letzte Nonne des im Jahre 1803 aufgelösten Klosters Kühbach, die Laienschwester Agathe Zeitlmeier, Bauerstochter aus Rudersberg, in ihrem Zimmer auf dem Boden liegend, erschlagen und erdrosselt, tot aufgefunden. Noch am gleichen Tag wurden die Botin Kreszenz Lechner von Kühbach und ihr Sohn Bartholomäus Samson, festgenommen. Die geschichtliche Darstellung des Verbrechens, "wegen welchem Kreszenz Lechner zur Todesstrafe verurteilt wurde", findet sich in den Akten des königlichen Landgerichts Aichach:
"Kreszenz Lechner, ledige Bötin von Kühbach", so heißt es in den Akten, "leidet die Todesstrafe, weil sie in verabredeter Verbindung mit ihrem außerehelichen Söhne Barthlmä Samson die Laienschwester Agatha Zeitlmeier ermordet und beraubt hat".
Die Raubmörderin war bis dahin teils zu Hause in Kühbach, teilweise auswärts in Diensten und schon 1810 in München wegen Diebstahls angeklagt gewesen. Damals hatte sie zwei Monate Gefängnis erhalten. Nach der Geburt ihres Sohnes ernährte sie sich in Kühbach mit Stricken und Nähen und nahm später Botendienste an.
Mutter und Sohn wohnten in einem Austragshäuschen. Trotz ihres kargen Einkommens trieben sie nach zeitgenössischen Berichten einen "unangemessenen" Lebensaufwand. Kreszenz Lechner machte Schulden und veruntreute auch ihr anvertraute Gegenstände. Diese Lage muss die Frau zur Tat getrieben haben. Als sie eines Tages bei der Laienschwester auftauchte und bei dieser einen kleineren Betrag Bargeld sah, kam sie auf den Gedanken, sich ihre Lage zu „erleichtern".
Sie teilte dies auch ihrem Söhne mit, wie sie vor Gericht aussagte: "Ich habe ihm erklärt, dass dieses Geld unsere Not bestimmt lindern würde". Samson ging auf diesen Vorschlag ein. Nachdem beide zunächst nur an Raub gedacht hatten, machte Kreszenz Lechner ihrem Sohn doch noch den Vorschlag, die Laienschwester umzubringen, damit die Tat nicht entdeckt werde. Ihr Sohn willigte ein und erklärte sich auch gleich bereit, die furchtbare Tat auszuführen. Er steckte ein leinenes Bändchen zu sich, mit dem er das Opfer erdrosseln wollte.
Laut Verabredung hätte Samson als erster in das Zimmer der Nonne gehen und diese angreifen sollen. Die Lechner wollte ihm folgen und ihm bei der Ermordung dann helfen.
Um die Lage auszukundschaften, gingen die beiden im Verlauf des Februar und anfangs März mehrere Male in die Wohnung der Schwester. Doch jedesmal wurden sie durch irgendwelche Zwischenfälle von ihrem Vorhaben abgehalten. Für Agathe Zeitlmeier war dies aber nur eine „Gnadenfrist".
Am 8. oder 9. März wurde die Ermordung und Beraubung der Laienschwester neuerdings beraten. Und weil Samson nicht den Mut hatte, den ersten Angriff auszuführen, versprach Kreszenz Lechner, zuerst in das Zimmer einzutreten, worauf ihr Sohn nachfolgen und die Ermordung vollenden sollte.
Am 13. März, nachmittags um drei Uhr, gingen beide von ihrer Wohnung weg; Kreszenz Lechner, versehen mit einem Armkorb, um darin die geraubten Gegenstände nach Hause zu bringen durch das vordere, Samson durch das hintere Tor in das Kloster. Sie trafen vor dem Zimmer der Laienschwester zusammen. Kreszenz Lechner trat ein, als eben Agathe Zeitlmeier ihr Gebet verrichtete. Sofort ergriff sie diese am Halse, drosselte sie und schob sie gegen den Ofen hin. In diesem Augenblick trat auch Samson ein, fiel über die Schwester her und suchte sie zu Boden zu werfen. Da sie sich aber kräftig wehrte, konnte Samson sie nur mit Hilfe seiner Mutter niederreißen. In dieser Lage fing Barthlmä Samson an, Agathe Zeitlmeier mit den Händen zu erdrosseln, um ihr dann mit dem leinenen Bändchen den Hals zuzuschnüren. Da aber dieses Band riss, nahm Samson sein Messer aus der Tasche, schnitt eine Uhrschnur ab, und versetzte der Agathe Zeitlmeier mit dem zweieinhalb Pfund schweren eisernen Uhrgewicht fünf bis sechs Schläge auf den Hinterkopf. Dann sprang Samson mit beiden Füßen fünf- bis sechsmal auf ihren Rücken, wodurch dem Opfer 13 Rippen gebrochen wurden.
Nach der Ermordung half Samson seiner Mutter, die inzwischen mehrere Effekten und Geld zusammengerafft hatte. Mit Geld im Betrag von mehr als 200 Gulden sperrten sie die Zimmertüren zu und flohen nach Hause. Beide Raubmörder, die überdies teils allein, teils gemeinschaftlich mehrere Brandstiftungen, Diebstähle, Unterschlagungen und eine Urkundenfälschung verübt hatten, wurden vom Appellationsgericht des Oberdonaukreises des "qualifizierten Mordes" für schuldig erkannt und zur geschärften Todesstrafe verurteilt. Samson wurde, da noch minderjährig, lebenslänglich im Zuchthaus Kaisheim eingesperrt.
Die Akten berichten weiter: Die Sünderin zeigte sich sehr bußfertig und duldete am 12. Dezember 1835, mittags elf Uhr durch den Scharfrichter aus Augsburg den Todesstreich in christlicher Hingebung ganz ruhig. Die Menge der Zuschauer wurde auf 14000 bis 15000 Menschen geschätzt. Kaum war der Kopf der Sünderin vom Rumpf, hielt Benefiziat Lechner von Oberwittelsbach auf der Stelle eine "vortreffliche Anrede" an das versammelte Volk, welche auch in Druck erschien und reißenden Absatz fand. Kreszenz Lechner wurde von Kaplan Kiener am Friedhof in Aichach in der linken Reihe beim Leichenhaus beigesetzt.

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kurze InhaltsbeschreibungDie Botin Kreszenz Lechner und ihr unehelicher Sohn ermordeten 1835 die Laienschwester Agatzhe Zeitlmeier im Kloster zu Kühbach
Karl Christl und Franz Xaver Riedl: Sagen und Erzählungen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Aichach 1988
Entstehung
Verfasser bzw. ErfasserKarl Christl in d. Aichacher Zeitung am 11. 8. 1981
Entstehungszeit12.12.1835
BezugAichach

Gemeinde & Adresse

Gemeinde: Aichach


86551 Aichach

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