Wittelsbacher Land Kulturdatenbank | Zurück

Sage von den drei adligen Fräulein von Schloss Mergenthau

Südlich der Stadt Friedberg liegt an einem grünen, waldigen Höhenzug das schmucke Dörflein Kissing. Auf dem Höhenzuge am nördlichen Ende des Dorfes stand einstmals eine mächtige Ritterburg. Diese gehörte einem in Mergenthau ansässigen Adelsgeschlecht. Als im Jahre 1350 der letzte männliche Spross dieser adligen Familie starb, überlebten ihn drei Schwestern: Adelheid, Mathilde und Kunigunde. Von diesen drei Schwestern war die Letzte, Kunigunde, blind, aber schön und guten Herzens. Nach dem Tode ihres Bruders sollte das Erbe geteilt werden. Da beschlossen Adelheid und Mathilde, ihre blinde Schwester zu übervorteilen. Der Bruder hatte gewaltige Schätze an Gold in seinen Kellern angehäuft, so dass die Schwestern das Gold mit dem Scheffel messen mussten. Da sie nun glaubten, die blinde Schwester merke es nicht, wenn man sie betrüge, taten sie jedesmal deren Anteil auf den Boden des umgekehrten Scheffels, damit dieser recht aufgehäuft aussehen sollte, und sprachen zu Kunigunde: "Wir haben dir, liebe Schwester, in deinen Scheffel' mehr getan als in die unseren, den deinen haben wir hoch mit Gold aufgehäuft, während wir die unseren nur glatt gestrichen voll haben. Du bist blind, deshalb brauchst du mehr des Goldes. Greife nur mit der Hand zu, und du wirst dich von der Wahrheit unserer Worte überzeugen."
Aber gar bald entdeckte die blinde Frau, dass sie von ihren bösen Schwestern arg betrogen wurde und hielt ihnen den Betrug unverhohlen vor. Doch die taten verwundert und entrüstet, weil ihre Schwester ihnen eine solche Schandtat vorwarf. Ein heftiger Streit entstand, der allmählich so arg wurde, dass die bösen Frauen ihre blinde Schwester sogar in der Kirche mit Schmähworten überhäuften. Um dieses zu vermeiden und wenigstens dem Gottesdienst mit Andacht beiwohnen zu können, ließ sich die blinde Kunigunde eine eigene Türe in die Kirche brechen.
Die rachsüchtigen, neidischen Geschwister beschlossen nun, ihre Schwester aus dem Weg zu räumen. Um sie nicht misstrauisch zu machen, zeigten sie sich auf einmal versöhnlicher, widmeten der blinden Kunigunde schöne Worte und luden sie am Magdalenenfesttage zum Speisen auf ihre Kemenate ein.
Die arglose Kunigunde sagte mit Freuden zu und kam, um an dem ihr vorgesetzten Mahle teilzunehmen. Da war nun alles fein aufgetischt: Wein gab es und Wildbret und Pasteten, kurz alles, was damals die Küche Gutes zuwege brachte. Die Älteste füllte der Blinden den Becher. Als diese das Glas zum Trinken an den Mund setzen wollte, summte ein Bienlein durch das offene Fenster und stach die blinde Kunigunde auf die Lippe, dass sie mit einem Aufschrei das Glas von sich warf. Die zu Tode erschrockenen bösen Schwestern wussten den Schrei nicht zu deuten, denn das Bienlein hatten sie nicht beobachtet. Vielmehr glaubten sie, die Blinde habe geahnt, welch furchtbares Gift in dem Glase enthalten war.
Diese wunderbare Rettung ging den doch nicht ganz verstockten Geschwistern so sehr zu Herzen, dass sie Kunigunde das Vorhaben eingestanden und sie um Vergebung baten. Kunigunde verzieh ihnen auch. Aber sie blieb nicht mehr lange in der Burg ihrer Väter. Bald darauf nahm sie den Schleier und wurde Klosterfrau im St. Katharinenkloster zu Augsburg, wo sie hochbetagt und von allen hochgeehrt im April 1400 im Herrn entschlief. Die beiden bösen Schwestern hausten noch lange auf ihrer Burg, gaben aber den Dorfbewohnern kein gutes Beispiel. Es hat ein schlimmes Ende mit ihnen genommen. Die Burg wurde zerstört.
Die Seelen der verstorbenen bösen Schwestern sollen bis heute noch keine Ruhe gefunden haben. In stürmischen Winternächten geistern sie heulend und klagend in den kahlen Wipfeln der hohen Waldbäume.

Kategorien

Stichwörter

Eigenschaften

Verfasser bzw. ErfasserGernard Luber
AnmerkungErscheinungsort: Friedberg, Erscheinungsjahr: 1801
kurze InhaltsbeschreibungVon den 3 Schwestern war eine bilnd. Sie soll von den beiden Sehenden um einen schatz betrogen worden sein.
Entstehungszeit1801
Stadt Friedberg (Hrsg.), Stadtbuch Friedberg, 2 Bände 885 S., Friedberg 1991, S. 752
BezugMergenthau

Gemeinde & Adresse

Gemeinde: Friedberg


86316 Friedberg

Google Maps