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Die wunderbaren Erscheinungen von Herrgottsruh

In Friedberg liegt die Wallfahrtsstätte "Unsers Herrn Ruhe" mit dem städtischen Friedhof, die zu den besuchtesten von ganz Bayern gehört.
Ihre Entstehung verdankt sie einem Bürger, der vor einem halben Jahrtausend nach Palästina pilgerte und dort das Unglück hatte, auf seiner Rückreise in türkische Gefangenschaft zu geraten, in der er die härtesten Sklavendienste erdulden musste. Zu Jerusalem hatte er ein sehr schönes in Holz geschnitztes Bild erhalten, das den göttlichen Heiland auf dem Kreuze ruhend darstellt. Diesem gelobte er, in der Heimat zur allgemeinen Verehrung eine Kapelle zu bauen, wenn ihn die gütige Vorsehung zu den Seinigen zurückführen würde. Er entkam auch glücklich mit Gottes Hilfe und versäumte es nicht, sein Gelübte gewissenhaft zu erfüllen. Auf einem ihm gehörigen Acker ließ er auf einer Stelle, die damals von Friedberg gerade so weit entfernt war, als der Kalvarienberg von Jerusalem, eine kleine Feldkapelle erbauen.
Fast ein Jahrhundert stand die Kapelle so, wie sie ihr Erbauer errichtet hatte. Als aber die Gläubigen sich in immer größerer Menge zur Andacht einfanden, sah man sich gezwungen, die Kapelle zu erweitern und in eine kleine, hübsche Kirche umzuwandeln. Dies geschah im Jahre 1496. Nach weiteren hundert Jahren beschloss der Stadtrat von Friedberg, die zu klein gewordene Kirche aufs Neue zu vergrößern. Der Weihbischof Seb. Preiner zu Augsburg weihte das neue Gotteshaus im Jahre 1606.
Drei Jahre später verbreitete sich die Sage von einer wunderbaren Erscheinung. Viele Personen besuchten am 6. Juli die Kirche zu Unsers Herrn Ruhe, unter ihnen die beiden Äbtissinnen Frau Maria Magdalena von Langenegg, Äbtissin des adeligen Stiftes zu St. Stephan in Augsburg, und Frau Anna Wertenstein, Äbtissin zu Edelstetten mit Kammerjungfrauen und Bedienten. Auf einmal vernahmen sie während der heiligen Messe eine so liebliche Musik, als wenn sie von vielen hundert Glöckchen und Musikinstrumenten gemacht würde. Einige von den Anwesenden gingen während des Gottesdienstes hinaus, um nachzusehen, ob nicht etwa außerhalb der Kirche Musik gemacht würde. Allein da entdeckten sie weder einen Menschen, noch hörten sie etwas von der Musik, bis sie wieder in die Kirche eintraten.
Von einer zweiten Erscheinung berichtet uns eine andere Legende: Am 24. Sept. 1719 reiste der Rat und Handelsherr Anton Lechner aus München nachts zu Pferd die Straße nach Friedberg. Als er sich den Feldern Unseres Herrn Ruh näherte, sah er durch die Kirchenfenster ein sehr helles Licht schimmern. Gleichzeitig hörte er eine überaus liebliche Musik. Verwundert beschloss er, näher an die Kirche heranzureiten, um die merkwürdige Begebenheit zu deuten. Da wurde er plötzlich von einem heftigen Windstoß so stark zurückgedrängt, dass er sein Vorhaben aufgab und kopfschüttelnd den heiligen Ort verließ.
Noch größeres Aufsehen erregte die Kunde eines dritten Ereignisses, das sich im folgenden Jahre 1720 zugetragen hatte. In den ersten Wochen des Monats Oktober waren fünf Personen zur Nachtzeit um die elfte Stunde in der Nähe der Kirche beim Lerchenfang unterwegs. Plötzlich entdeckten sie zu ihrer großen Verwunderung, wie durch die Kirchenfenster ein übernatürliches herrliches Licht weit auf die Äcker hinausstrahlte. Es war so hell und stark, dass die Lerchen auf dem Feld aufgescheucht wurden. Dabei hörten die Jäger überaus schön und lieblich die Orgel spielen. Voller Andacht und Ergriffenheit kehrten sie, ohne eine Lerche gefangen zu haben, nach Hause zurück.

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Eigenschaften

Karl Christl und Franz Xaver Riedl, Sagen und Erzählungen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Aichach 1988
Verfasser bzw. ErfasserKarl Christl und Franz Xaver Riedl
BezugFriedberg Wallfahrt Herrgottsruh
kurze InhaltsbeschreibungErzählung zu wundersamen Erscheinungen bei der Wallfahrtskirche Herrgottsruh

Gemeinde & Adresse

Gemeinde: Friedberg


86316 Friedberg

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