Auf den Höhen von Latzenhausen weidete einst ein Schimmel. In munteren Sprüngen durchquerte er die Wiese und ließ sich das saftige Grün schmecken.
Plötzlich verfinsterte sich der Himmel, ein schweres Gewitter zog auf. Das Rollen des Donners kam bedrohlich näher. Dem Schimmel wurde bang. Mit einem aufgeregten Wiehern rannte er zuerst kreuz und quer auf der Weide hin und her. Da entdeckte er die nahe St. Lorenz-Kirche und galoppierte darauf zu. Mit einem Ruck schob er die Türe auf, trabte die Kirchenbänke entlang und legte sich schließlich auf dem Altarteppich nieder. Jetzt fühlte sich das junge Tier vor dem Unwetter geborgen. Endlich war es abgezogen, und den Schimmel lockten die Sonnenstrahlen wieder hinaus ins Freie. Aber oje! Der Sturm hatte die Kirchentüre ins Schloss fallen lassen, so dass sie fest verriegelt war. Der arme Schimmel brachte sie nicht mehr auf. Verzweifelt sprang er hin und her, bis er vor Müdigkeit nicht mehr konnte und matt zu Boden sank. Mächtiger Hunger plagte ihn. Draußen vor der Kirchentüre wuchsen leckere Kräuter und saftige Gräser. Aber die Türe ließ sich nicht mehr öffnen. Schließlich biss er vor Verzweiflung das Glockenseil an. Bauern, die im nahen Wäldchen bereits nach dem verschwundenen Schimmel suchten, wurden auf die ungewöhnlichen Glockenschläge aufmerksam und schauten zusammen mit dem Mesner nach dem Rechten. Sie staunten nicht schlecht, als sie der Schimmel mit einem freudigen Wiehern in der Kirche begrüßte.
| Karl Christl und Franz Xaver Riedl: Sagen und Erzählungen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Aichach 1988 | |
| Anmerkung | Die Kapelle wird heute noch im Volksmund "Schimmelkapelle" genannt(man ist sich nicht ganz sicher, ob die Geschichte nicht doch wahr ist) |
| Verfasser bzw. Erfasser | Karl Christl und Franz Xaver Riedl |
| Bezug | Taiting und Latzenhausen |
| kurze Inhaltsbeschreibung | Ein Schimmel verirrte sich in einer Kapelle und wurde gerettet |
Gemeinde: Dasing
86453 Taiting/ Latzenhausen