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Der reiche Bilmeßschneider: Sage

Alte Leute wissen noch von der Unsitte des Ährenabschneidens zu berichten.
Wenn zur Zeit der Getreideernte der Bauer durch wogende Kornfelder geht, so kann er hie und da schnurgerade quer durch das Getreidefeld fortlaufende handbreite Wege entdecken. Bei genauerem Hinschauen zeigt sich, dass die Halme mit den Ähren ein bis zwei Schuh über der Erde abgeschnitten sind. Manche meinen, das sei Hasen oder Rehen zuzuschreiben. Aber den "Durchschnitt" gibt es auch in Gegenden, wo es keine Rehe und noch weniger Hirsche gibt. Nein! Nein! Diese Durchschnitte rühren von gewissen und gemeinen Nachbarn her. Will einer reich werden, so macht der den Bilmeßschnitt. Und das geschieht so: Er macht mit dem bösen Feind einen Vertrag, welcher als schwarzer Bock erscheint. Der Bauer setzt sich auf den Teufel. An seinem Fuß ist ein krummes Messer befestigt, mit welchem er die Halme scharf abschneidet. Der Bauer erhält so durch den Bösen immer mehr Könner. Es gibt aber nur drei Abende, wo dies geschehen kann: nämlich am Sankt Veitstag, an Sonnwend und am Peter-und-Paul-Tag, aber nur während der Zeit des Gebetläutens, welches deswegen an diesen Tagen möglichst kurz geläutet wird. Das sind die drei Freinächte der Bilwezschneider. Während sie auf dem Bock sitzen, sind sie wie der Bock unsichtbar. Ein Bauer aus Aulzhausen, der mit dem Durchschnitter recht geplagt war, hat sich von einem Mann, der dagegen helfen konnte, beraten lassen. So musste er am St. Georgitag vor Sonnenaufgang sich auf das Feld begeben, einen Graswasen im Quadrat ausstechen, mit beiden Füßen hineinstehen, und das ausgestochene Stück auf den Kopf, die Wurzeln nach oben gekehrt, setzen, um den Durchschnittler zu erkennen. Der Bauer aber, der beim Durchschneiden ertappt worden ist, ist zeitlebens krumm geworden.
Meist ist der Bilmeßreiter der wohlhabendste Bauer der Gegend. Sein Wissen hat er vom Vater schon geerbt, der erst dann sterben konnte, als der Sohn ihm die Schuld abnahm, weil auch er das ruchlose Amt übernahm.

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Eigenschaften

BezugAulzhausen
kurze InhaltsbeschreibungDie Geschichte berichtet von der Unsitte des Ährenabschneidens auf den Feldern.
AnmerkungQuelle: Karl Christl und Franz Xaver Riedl: Sagen und Erzählungen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Aichach 1988

Gemeinde & Adresse

Gemeinde: Affing


86444 Aulzhausen

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