Ende der dreißiger Jahre kam ein junger Geistlicher als Kaplan nach T. und wurde einige Jahre darauf als Pfarrer eingesetzt. Ein würdiger Herr war er, ebenso eifrig in der Seelsorge, gelehrt, aber auch streng in seinem eigenen Verhalten. Deswegen war er nicht nur in seiner Gemeinde hochverehrt, sondern auch auswärts hatte man ein großes Vertrauen zu ihm gefasst, Liederlichkeit war ihm verhasst. Da zeigte er sich gegen solche, die leichtfertig lebten, ebenso streng, wie gegen solche, die dazu Gelegenheit gaben. Verständlich, dass er sich ob solcher Grundsätze Böswilligkeit, Abneigung und Hass von einigen bösen Zeitgenossen jener Gegend zuzog.
Darunter waren drei Personen, die in der schwarzen Kunst tief eingeweiht waren und des Herren Pfarrers Stallungen und überhaupt den ganzen Widem fest in ihrer Gewalt hatten. Eines Tages legten die Hennen keine Eier mehr. So fing es an. Die unterlegten Eier mochten sie nicht mehr ausbrüten. Dann kam es in die Ställe. Einige Male gingen alle Kühe ein, so gesund auch das wieder neuangeschaffte Vieh gewesen war. Zuletzt kam es auch über den Rossstall. Oft fand man des Morgens die Rösser mit Schweiss und Mähnen verknüpft elend und zitternd im Stroh liegend, dass man sie kaum mehr in die Höhe brachte. Weder Tierärzte noch auch der Metzger von Mühlhausen, ein äußerst geschickter Fachmann für Rösser, vermochten wirksame Hilfe zu leisten. Die Pferde fielen eines nach dem anderen. Und dann breitete es sich auf den Feldern aus: Kein Bau mocht mehr geraten.
Der Pfarrer, ein einsichtsvoller Mann in der Landwirtschaft, die er ja selber mit großer Freude betrieb, suchte all das Unglück in natürlichen Ursachen. Alle Mitteilungen, dass ihm der Schaden böswillig angetan werde, verwarf er als einen sündigen Aberglauben. Um aber nichts zu versäumen, nahm er trotzdem seine Mutter und zwei Schwestern zu sich, stellte einen neuen Knecht ein, kaufte abermals ganz neues Vieh und überwachte alles selbst fürsorglich und genau. Jetzt, meinte er, werde alles wieder gut werden.
Aber weit gefehlt. Die Hennen legten keine Eier. Das Kuhvieh krepierte. Kein Kalb kam auf. Alles war wie zuvor. Dem Herrn Pfarrer wollte es nicht eingehen. Wie war das alles nur möglich? Sein Verstand sträubte sich, an Verhexung zu glauben. Alles war ihm verleidet, dass er um eine Versetzung in eine andere Gegend eingab.
Mittlerweile hörte er von einem Bauern unterhalb München, dass der ein christlicher Mann sei, der gewiss nichts Böses im Schilde führte. Den ließ er kommen und erzählte ihm alles, was ihm schon widerfahren sei, und dass er unmöglich an übernatürliche Einflüsse glauben könne. Und schließlich meinte der geistliche Herr: "Sag mir bloß, Bauer? Was hältst 'n du als erfahrener Landmann von der G'schicht?" Der druckste nicht lange herum und bekannte ihm sogleich, dass ihm der ganze Schaden angetan worden sei. "Des is ganz klar, Hochwürd'n. Aber i kann noch helf'n. Des is noch net zu spät!"
Zuerst führte er ihm in seinem Erdspiegel die Leute vor, die all die Bosheit verübten. Augenblicklich erkannte der Pfarrer die Übeltäter. Es waren zwei Weiber in P. und ein Mann aus T. selbst. Daraufhin ließ der Bauer alle Kühe melken, kochte die Milch in einem neugebrannten Topf und verschmierte ihn fest mit Letten. Diesen nahm er des nachts in die Hofraithe und warf ihn übers Stalldach. Das erste Mal ging er leicht hinüber und kam als ganzer auf der anderen Seite wieder an. "Jetzt passen 'S auf, Herr Pfarrer", indem er den Topf wieder aufnahm, "gleich werd's kochen und zischen". Tatsächlich: Diesmal flog der Topf kochend und dampfend über das Dach und zerplatzte in tausend Stücke.
Das hatte geholfen. Jetzt war Ruhe. Und der ganze Widem war nie mehr einer Verhexung ausgesetzt. Die drei Leute aber, die sich mit dem Bösen verbündet hatten, wurden auf den Tod krank, denn die ganze Verwünschung war in ihren Leib gefahren. Der Pfarrer bestand in seiner Güte darauf, dass der Bauer ihnen das Siechtum wieder nehmen musste. Auch die Hennen wurden wieder hergestellt mit Eberwurz und Teufelsdreck.
So war allen geholfen. Und der geistliche Herr war so froh, dass er in T. gerne geblieben wäre. Aber er hatte ja schon seine Versetzung angemeldet. Auf Lichtmess im Jahre 50 zog er zum größten Leidwesen aller Pfarrkinder fort.
| Anmerkung | Quelle: Karl Christl und Franz Xaver Riedl: Sagen und Erzählungen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Aichach 1988\r\n |
| Bezug | Mühlhausen |
| kurze Inhaltsbeschreibung | Spuk bei einem Pfarrherrn in Mühlhausen und die Lösung |
Gemeinde: Affing
86444 Mühlhausen