Wenn man von Pichl nach Aindling geht, kommt man an einer großen Kiesgrube vorbei. Dort wurden einmal alle Äcker neu vergeben. Die Vermessung und Verteilung hatte ein Jäger zu besorgen. Aber ihm lag am Gemeinwohl nichts. Sein Wohl stand ihm so sehr näher, dass er bei der Arbeit darauf schaute, wer ihm mehr als ihm zustand gab, der sollte auch mehr erhalten. Wer ihm so, hast du nichts gesehen, einen schönen Batzen Gold in die betrügerische Hand drückte, dessen Tagwerke waren größer als die anderen, deren Besitzer von dem unsauberen Geschäft entweder nichts wussten oder auch nichts wissen wollten. Als dieser Jäger dann doch eines Tages starb, zeigten sich so auffallende Zeichen, dass die ganze Umgebung schon nichts Gutes ahnte. Tatsächlich, so sagen die alten Leute, geht der Jäger dort am Steinberg noch heute um.
Aber damit nicht genug. Wenn vor alter Zeit, heute verspürt man davon nichts mehr, Leute nach dem Abendsegenläuten diesen Weg gingen - gerne tat es niemand - dann mussten sie damit rechnen, dass der Steinbergjäger sie narrte und irreführte.
Ein Mann und eine Frau aus Pichl hatten auch einmal in Aindling zu tun. Weil es da nun auch gerade Kirchweih war, blieben sie länger als sie zuerst vorhatten, und schließlich war es tiefe, dunkle Nacht geworden, als sie aufbrachen. Sie mussten auch an der Kiesgrube vorbei. Plötzlich sah der Mann den Jäger, wie er immer erschien und schon vielen begegnet war, mit den langen Rohrstiefeln, der grünen Hose und dem grünen Frack, den plumpen Vorderlader über dem Rücken und die grüne Kappe, die weit aufgeschlagene, mit der langen Fasanenfeder, tief in der Stirne. So tief hatte er sie ins Gesicht gesetzt, dass es aussah, als ob er darunter keinen Kopf hätte. Vielleicht war dem auch so.
Kaum aber hatte der Mann den Jäger gesehen, plumps, da polterte er auch schon in die Grube. Die Frau ahnte sofort, wer daran die Schuld trug, obwohl sie den Jäger nicht gesehen hatte. In ihrer Angst rief sie: "Im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit! Lang her, wo ich meine Hand habe." Vielleicht hat sie aber auch anders gerufen und wusste es nachher nicht mehr genau. Auf alle Fälle fand der Mann die Hand nicht, sei es, weil es so stockdunkel war, oder aber, weil es der Jäger nicht zuließ. Erst als der Morgen graute, fand der Mann sich zurecht.
Ein andermal ging auch ein Mann zu später Nachtstunde diese Straße. Als er ungefähr die Hälfte des Weges hinter sich hatte, kam auch zu ihm der Steinbergjäger, aber in Gestalt einer Schar Wildenten. Die flatterten immer vor seinen Füßen, geradeso, als ob sie überhaupt sich nur schwer bewegen könnten. Vom Zusehen bekam der Mann immer mehr die Gedanken, sich eine der Enten zu fangen. "Es müsste doch gar nicht so schwer sein, eine davon zu erwischen", dachte er bei sich. Da hat er auch richtig schon eine ins Auge gefasst und sah sie im Geiste schon in der Pfanne schmoren. Aber gar so leicht war das dann doch nicht. Immer wieder griff er daneben. Und als er schließlich nach langem Laufen sich umsah, fand er sich nicht mehr zurecht und wusste überhaupt nicht mehr, wo er war. Da rief er schließlich um Hilfe. Aber lange dauerte es, bis ihn jemand zufällig traf und ihm den rechten Weg zeigte. Dem Steinbergjäger aber schwor er, nie wieder auf dem Leim zu gehen.
Einem anderen Mann begegnete der Steinbergjäger als feuriger Hund. Als solchen wollten ihn aber schon viele Leute in dunklen, stürmischen Nächten gesehen haben. Sein heiseres Bellen war einst weithin zu hören.
| Karl Christl und Franz Xaver Riedl: Sagen und Erzählungen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Aichach 1988 | |
| Anmerkung | |
| Entstehung | |
| Verfasser bzw. Erfasser | Karl Christl und Franz Xaver Riedl |
| Bezug | |
| kurze Inhaltsbeschreibung | |
| Entstehungszeit |
Gemeinde: Aindling
86447 Pichl