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Herzog Max, der Mohr und der Bauer

Der leutselige Herzog Max, der als leidenschaftlicher Zitherspieler die Zither Salon und hoffähig gemacht hatte, weilte gerne, oft und lange in seinem Wasserschlösschen zu Unterwittelsbach und pflegte lebhaften Verkehr mit den Geistlichen, den Beamten und der Bürgerschaft von Aichach. Zur Seite des ansehnlichen Schlösschens ragt steil aus dem Schlossweiher eine zierliche neugotische Ulrichskapelle mit einem Spitztürmchen auf. In dieser Kapelle finden sich Miniaturstatuen früherer bayerischer Herrscher und auch ein schön geschnitzter und eingelegter Pilgerstab wurde darin verwahrt, den der Herzog bei einer Reise durchs "gelobte Land" benützt hatte. Von dieser Reise brachte der Herzog auch einen "Mohren" als Diener mit, der der Sohn eines arabischen Unterhäuptlings gewesen sein soll und der Lust hatte, sich einmal die Welt anzusehen.
Um jene Zeit lebte in Unterwittelsbach ein Bauer, eigentlich ein kleiner Gütler, der als rauhbauziger, grober Mensch bekannt war und der gerne fluchte, besonders bei der Feldarbeit, wenn seine Kühe im Pflug oder in der Egge nicht genau seinen Willen taten, nicht selten aber auch bloß aus schlechter Gewohnheit. Der Herzog hatte den Rohling schon manchmal wegen dieses Fluchens und Sakramentierens zur Rede gestellt. Umsonst!
Von der Pilgerreise kam der Herzog spät in der Nacht ins Schloss zurück und niemand im Dorf hatte an diesem Tage noch den "Mohren", den er mitgebracht, gesehen. Am nächsten Morgen, einem schönen Herbsttage, unternahm der Herzog mit seinem Mohren einen Spaziergang. Das Schlösslein und sein weitläufiger parkartiger Garten sieht gegen zwei Seiten auf freies Acker- und Wiesenland. Nach einer dieser Seiten nahm der Herzog, den Schlosspark durch ein Gartentürchen verlassend, mit seinem schwarzbraunen Begleiter den Weg ins Freie, der bewaldeten Höhe zustrebend, die hinauf nach Oberwittelsbach, der Ahnstätte der Wittelsbacher, führte. Nicht lange waren sie an herbstlich aussehenden Äckern entlang gewandert, da hörten sie aus einem seitlich am Waldeshang gelegenen Acker heraus ganz grimmiges Fluchen und bemerkten auch schon den dem Herzog bekannten Bauern, der sich auf dem buckligen Acker mit seinen Kühen herumstritt. Wütend schlug er auf diese ein und schrie: "Os Himmi - Herrgott S..., ös verfluachte, wenn enk no glei der Teuft holst!"
Ein schalkhaftes Lächeln blitzte um des Herzogs Gesicht, er rief seinen ihm folgenden Begleiter zur Seite und befahl ihm: "Lauf auf den Mann zu, mach ein grimmiges Gesicht, pack ihn beim Kragen, schüttle und zerre ihn und tue so, als ob du ihn mitnehmen wolltest". Der Mohr verstand, fegte wie der Blitz übers Feld und tat, wie ihm befohlen. Schreckensbleich sah der Bauer den "Schwarzen" auf sich zukommen und schrie: "Jetzt kommt er scho, der Teifi!" Alles ließ er über sich ergehen. Er vermeinte, der Gottseibeiuns, den er gerufen, sei in eigener Person gekommen, um nicht bloß seine Kühe, sondern auch ihn selbst zu holen. Als er sich von den Püffen, die ihm der Schwarze reichlich versetzte, etwas erholt hatte, fiel er vor seinem Peiniger auf die Knie und bat mit aufgehobenen Händen flehentlich: "Herr Teufi, i bitt um Gotts Willen, lassens mi gehn, i versprich hoch und heili, dass i nimmer fluacha will. Grod dösmoi no lassens mi lafa, i bitt, i bitt, Herr Teufi!"
Mittlerweile war auch "Maxl", wie man den Herren seiner Leutseligkeit wegen im Orte nannte, herbeigekommen und schüttelte sich vor Lachen, als er die Szene sah. Er befahl dem "Teufi", vom armen Sünder abzulassen und hielt diesem eine ordentliche Strafpredigt mit der Drohung, dass er ihm seine herzoglichen Pachtgründe entziehen und ihn auch noch wegen Gotteslästerung anzeigen werde, wenn er sich nicht ernstlich bessern wolle. Da versprach ihm der Bauer, ebenso hoch und heilig wie dem Teufi, Besserung. Der Schreck war ihm aber so in die Glieder gefahren, dass er mit der Arbeit aufhörte und mit seinen Kühen heimwärts wanderte.
Die Sache wurde natürlich sofort ortsbekannt und der Bauer hatte für den Spott nicht zu sorgen. Kam der "Mohr" ins Dorfwirtshaus, so zog der Bauer ehrerbietig den Hut, fand aber allen Grund, sich bald zu entfernen, denn die Hänseleien der anderen Gäste wollten dann kein Ende nehmen.
Der Herzog aber verließ bald nach diesem Vorgang das Schloss Unterwittelsbach für immer; denn gelegentlich eines Gastmahles, das er gab, fiel ein Teilnehmer desselben, ein höherer Beamter (der Landrichter) aus Aichach, vom Schlage tödlich getroffen, vom Stuhle. Dieser traurige Ausgang eines frohen kleinen Festes verleidete dem Herzog den Aufenthalt in seinem friedlich gelegenen Schlösschen.
Anmerkung von Robert Haselberger: Als Herzog Max nach dem oben erwähnten Todesfall Unterwittelsbach nicht mehr betrat, war auch der Mohr verschwunden. Im Volksmund war man dann der Meinung, dass der Mohr tatsächlich der leibhaftige Teufel war und wieder in die Hölle zurückgekehrt sei. Man behauptete sogar, dass dieser Aichacher, der vom Schlage getroffen wurde, vom Teufel geholt worden sei.

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Eigenschaften

Karl Christl und Franz Xaver Riedl: Sagen und Erzählungen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Aichach 1988
Anmerkung
Entstehung
Verfasser bzw. ErfasserKarl Christl und Franz Xaver Riedl
Bezug
kurze Inhaltsbeschreibung
Entstehungszeit

Gemeinde & Adresse

Gemeinde: Aichach


86551 Unterwittelsbach

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