Vorbemerkung: Dem Aichacher Peter Krump, der seit 1663 mit Katharina, der Tochter des Aichacher Kaufmanns Leonhard Düsen verheiratet war, wurde am 7. Juli 1672 ein Sohn geboren. Dieser trat später in den Franziskaner-Orden ein und erhielt den Namen Pater Theodor. Als Franziskaner betätigte er sich von 1700 bis 1720 bei der päpstlichen Missionsdelegation in Ostsudan und Äthiopien. Die Schilderung seiner Erlebnisse, die 1710 unter dem Titel "Hoher und Fruchtbarer Palmbaum..." bei Joseph Grober in Augsburg erschien und von denen nur mehr zwei Exemplare vorhanden sind, erregte zu seiner Zeit lebhaftes Aufsehen. Das Buch ist in seinem barocken Deutsch eine der frühesten europäischen Reisebeschreibungen über Nubien und den Sudan und die Verhältnisse im Fung-Reich und ihrer Hauptstadt Sennar. Pater Theodor Krump ist am 8. Oktober 1724 im Kloster Dingolfing gestorben. Die Stadt Aichach hat nach ihm eine Straße benannt.
Es folgen nun einige Schilderungen aus seinem Buch:
Die Audienz in Sennar
Am 4. Mai 1701 wurden die neuangekommenen Franziskaner um die Mittagszeit zur Audienz in den königlichen Palast berufen. Dieser Palast hat wohl Pater Theodor etwas enttäuscht. Nach seinen Worten waren der ganze Palast wie auch alle Zimmer "vom lettigem Kot (Lehm), dem man mit Stroh und Mist impastiert hatte". Die Zimmer waren finster, und es gab darin weder Bank noch Stuhl, noch Gemälde oder sonstigen Zierrat. Lediglich waren Strohmatten aufgelegt, sowie in der Mitte aufgeschnittene Kürbisse, die als Trinkgefäße dienten. In diesem Palast wohnten die vier nach dem islamischen Recht erlaubten Ehefrauen des Königs sowie 600 Nebenfrauen mit allen königlichen Kindern.
Für P. Theodor waren die Frauen alle enger eingesperrt als in der Christenheit die Klosterfrauen. Der ganze Palast war von einer im Sudan üblichen Dornenhecke umgeben.
Bei der Audienz saß der König auf einem mit einem roten Teppich ausgeschlagenen Tisch. Er trug ein weißblaues Hemd und war nur einer roten Seidenschärpe umgürtet. Auf dem Kopf trug er ein seidenes, mit Gold durchwirktes Häubchen, und an seinen Ohren hingen zwei goldene Ringe. In der rechten Hand hielt er einen türkischen Säbel und auf beiden Seiten lag noch je eine Pistole, was seine Macht demonstrieren sollte. Pater Theodor kam er nicht anders vor wie ein "angekleydter Aff". Um ihn herum standen fünf Scheichs sowie 30 schwarze Sklaven, die mit Lanzen bewaffnet waren und seine Leibwache bildeten. Der König fragte die Patres auf arabisch, woher sie kämen und wohin sie reisen wollten. Dann übergaben sie ihm die Geschenke. Es waren ein schöner großer venezianischer Spiegel, sechs Schachteln mit Bologneser Seife, Zuckerhüte, Gewürze, Schermesser, venezianische Gläser und andere europäische Galanteriewaren. Der König war darüber sehr erfreut und bestätigte ihnen, dass sie in seinem Reich bleiben könnten, und wenn sie abzureisen wünschten, würde er sie nicht hindern.
Pater Theodor beschreibt Sennar als die in Afrika beinahe vornehmste Handelsstadt, wo ständig Handelskarawanen aus Kairo, Dongola, Nubien, übers Rote Meer, aus Indien, Abessinien und anderen Orten ankamen. Sie war eine Art Freistadt; denn es konnten in ihr Angehörige verschiederer Nationen und Religionen ohne Behinderung wohnen.
Auf dem Sklavenmarkt
Täglich wurde ein allgemeiner Markt abgehalten, wobei die einzelnen Waren wie Elefantenzähne, Holz, Datteln, Getreide, Hirse, Pferde, Kamele und Esel ihre jeweiligen Stammplätze hatten. Ebenfalls wurden auch täglich auf öffentlichem Markt Sklaven beiderlei Geschlechts und von jedem Alter wie das Vieh verkauft. Sklaven unter zwölf Jahren waren nackt, die älteren hatten einen Lappen um die Lenden gebunden. Der Kaufinteressent ließ sich einen Sklaven vorführen, beschaute und prüfte ihn ohne Scheu und Schamhaftigkeit und nannte seinen Preis, wenn er ihn kaufen wollte. War dem Verkäufer der Preis zu niedrig, so sagte er: "efftach Alla", d. h. Gott soll deine Hand öffnen, um mehr zu zahlen. Das ging so lange, bis Käufer und Verkäufer sich geeinigt hatten. Der normale Preis für einen 15jährigen Sklaven lag zwischen 30 und 40 Gulden. Eine gleichaltrige Sklavin wurde um 50 bis 60 Gulden gehandelt. Äthiopierinnen, die als besonders schön und anpassungsfähig galten, erzielten sogar bis zu 80 Gulden. Die Verkaufspreise in Ägypten lagen bei Sklaven um 60 bis 80 Gulden und konnten sogar bis 100 Gulden gehen. Eine Sklavin ließ sich, bei besonders großer Schönheit, oft um mehrere hundert Gulden verkaufen. Bemerkenswert ist auch die Thronfolge bei den Fung, wie sie Pater Theodor beschreibt. Wenn ein König stirbt, wählen die vornehmsten Scheichs aus den königlichen Prinzen einen Nachfolger aus, wobei es unerheblich ist, ob er von einer Königin oder von einer Nebenfrau abstammt. Alle übrigen Prinzen, die im Palast eingesperrt sind, werden darauf mit Lanzen umgebracht. Sollte es einem Prinzen gelingen zu entfliehen, so hat der neue König die Verpflichtung, ihn zu verfolgen und ebenfalls umzubringen. Auf diese Weise soll eine mögliche Rebellion eines der Prinzen gegen den neuen König verhindert werden. Pater Theodor meinte, es sei wohl besser, Sohn eines Sklaven als des Königs zu sein.
Den Prinzessinnen geschieht dagegen nichts. Hat eine Königin oder auch eine Nebenfrau einen Sohn geboren, so muss sie den Palast verlassen, den Sohn aber dort zurücklassen. Es wird ihr dann in Sennar oder an einem anderen Ort des Reiches ein neuer Aufenthalt gewährt.
| Karl Christl und Franz Xaver Riedl: Sagen und Erzählungen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Aichach 1988 | |
| Anmerkung | |
| Entstehung | |
| Verfasser bzw. Erfasser | Karl Christl und Franz Xaver Riedl |
| Bezug | |
| kurze Inhaltsbeschreibung | Die Geschichte berichtet von den Reisen des Franziskaners Theodor Krump in den Ostsudan und nach Äthiopien. |
| Entstehungszeit |
Gemeinde: Aichach
86551 Aichach