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Aichacher Bürger als Holzfäller

In Aichach lebten einst zwei biedere Handwerksmeister, deren Leben so reich an drolligen Einfällen war, dass man sich unwillkürlich im Geiste in die Stadt Schilda versetzt fühlte, deren Bürger durch ulkige Einfälle unsterblich wurden. Sie waren unzertrennliche Freunde und was dem einen nicht einfiel, das fuhr dem anderen durch den Kopf.
Einstens fuhren sie mit Pferd und Wagen gegen Untergriesbach ins Holz. Es galt, mit vereinten Kräften einige Stämme niederzulegen und heimzubefördern. An Ort und Stelle angekommen berieten sie, ob es nicht vielleicht einfachere Wege gäbe, um die Sache zu meistern. Es sei doch eigentlich umständlich und immer eine schwere Arbeit, den Baum zuerst zu fällen und dann wieder in die Höhe zu arbeiten, um ihn auf den Wagen zu bringen. Es müsse doch viel einfacher sein, den Wagen direkt in die Fallrichtung zu bringen und den Baum anzuschneiden, dass er beim Umlegen direkt auf den Wagen fiele.
Dass eigentlich noch kein Holzarbeiter auf einen solchen Einfall gekommen sei, meinten sie. Das komme eben daher, wenn man jahraus jahrein dasselbe tue. Also gesagt - getan!
Das Pferd wurde ausgespannt und in einiger Entfernung an einen Baum gebunden. Der Wagen wurde in die beabsichtigte Fallrichtung des Baumes geschoben. Dann wurden Axt und Säge angesetzt. Der Baum begann zu schwanken und fiel genau auf den Wagen, wie es die klugen Bürger berechnet hatten. Die Rechnung stimmte aufs genaueste. Doch das Resultat war ein anderes: Der Wagen war vollständig zusammengebrochen. Was nun?
Mühsam befreite man den Wagen vom umgelegten Baum und schob nach notdürftiger Instandsetzung das Wagenwrack nach Aichach zurück und einen anderen Wagen nach Untergriesbach wieder hinaus. Als man am Ziel war, wurde eine Atempause eingelegt. Da klang aus dem Wald das Wiehern eines Pferdes. Es klang fast wie ein Hohngelächter. Warum sollte ein Pferd nicht auch einmal herzlich lachen! Die beiden sahen sich gegenseitig an. Es kam ihnen erst jetzt zu Bewusstsein, dass sie in ihren Nöten ganz auf das Pferd vergessen hatten. Mit Vorspann wäre das Hereinbringen des defekten Wagens nach Aichach eine Kleinigkeit gewesen.
Bald lief diese drollige Geschichte von Stammtisch zu Stammtisch und erregte allgemeine Heiterkeit. Wer sie ausgeplaudert hat, das Pferd oder die Übeltäter selbst, in einer bierseligen Stunde, ist nicht überliefert.

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Karl Christl und Franz Xaver Riedl: Sagen und Erzählungen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Aichach 1988
Anmerkung
Verfasser bzw. ErfasserKarl Christl und Franz Xaver Riedl
kurze InhaltsbeschreibungDie Geschichte erzählt von zwei biederen Aichacher Handwerksmeistern mit drolligen Einfällen.

Gemeinde & Adresse

Gemeinde: Aichach


86551 Aichach

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