Westwärts der Siedlung St. Afra in der Nähe der Asam-Jagdhütte trägt ein Grundstück des Bauern Johann Steinhardt aus Kissing den Flurmamen "Birnbaumwiese". Seit Menschengedenken soll nämlich dort - daher der Name - ein ganz gewöhnlicher unveredelter, aber sagenumwobener Birnbaum gestanden haben.
Aus dem Bericht der Familientradition des Grundstückbesitzers geht hervor, dass es stets zur Selbstverständlichkeit gehörte, an dieser Stelle ein junges Bäumchen zu pflanzen, wenn ein Birnbaum durch Alter oder sonst aus irgend einem Grunde einging. Die Tatsache, dass auf einem Feldgrundstück ein Birnbaum steht, wäre an sich noch nichts Besonderes. Aber mit diesem Birnbaum auf dem Lechfeld ist eine geschichtliche Erinnerung und Sage verknüpft.
Die blutige Ungarnschlacht auf dem Lechfelde in den Augusttagen des Jahres 955 war für die deutschen Heere siegreich beendet. Die letzten Reste der versprengten ungarischen Reiterhorden waren vernichtet oder vertrieben. Die Dörfer vor Augsburg waren ausgeplündert und lagen in Schutt und Asche. Die wehrlosen Bewohner der Dörfer retteten sich mit ihren wenigen Habseligkeiten in die umliegenden Wälder, und wer nicht rechtzeitig ein sicheres Versteck finden konnte, wurde ein Opfer des feindlichen Schwertes. Lange, sehr lange dauerte es, bis sich die arme Bevölkerung aus der Not und von den furchtbaren Schreckenstagen wieder erholen konnte. Nur langsam wich von ihnen die Angst vor den räuberischen Kriegshaufen der Ungarn.
Der erste Frühling des Friedens stieg über den blutgetränkten und von Pferdeboten zerstampften Lechfeldern wieder empor. Die wärmende Lenzensonne erweckte die jungen Saaten. Da pflanzte ein Bauer aus Kissing auf dem Lechfelde als Erinnerungsmal an die grausame Ungarnschlacht einen Birnbaum. Gerade an die Stelle, an der lange Jahre ein Birnbaum stand, pflanzte er ihn und sprach über ihn den Wunsch: "Unseren Kindern und Kindeskindern, und allen kommenden Geschlechtern soll dieser Baum eine Erinnerung sein an den Sieg der Deutschen über die Ungarn auf dem Lechfelde. Dieser Baum soll wachsen und gedeihen und in jedem Frühjahr eine Fülle von Blüten hervorbringen, aber aus den Blüten sollen nie Früchte wachsen. Wenn jedoch dieser Baum einmal Früchte ansetzen und zur Reife bringen sollte, wird das ein Zeichen sein, dass wieder ungarische Kriegshorden über unsere Heimat sengend und brennend herfallen werden."
Seit tausend Jahren blühte dieser Birnbaum in der Maiensonne auf dem Lechfelde, aber Früchte hat er noch nie getragen. Erst als die Siedlung St. Afra gebaut wurde wird berichtet setzte er welche an, was nichts mit einer erneuten Gefahr aus dem Osten zu tun hatte. Der Birnbaum wurde, vermutlich durch den Wind, der den Blütenstaub von Birnbäumen der neuen Wohnsiedlung herübertrug, befruchtet. Leider steht der alte Birnbaum nicht mehr. Er wurde angeblich von einem gedankenlosen Raupenfahrer vor etlichen Jahren mutwillig entfernt.
An der Stelle steht wieder ein Birnbaum und Martin Schallermeir stellte eine Tafel auf, die auf die Sage hinweist (siehe Bild).
| Anmerkung | Im Jahr 2003 stellte Martin Schallermeir auf dem Lechfeld an der Stelle des Birnbäuml's eine Tafel auf (siehe Bild). |
| Bezug | Meringer Lechfeld |
| Entstehungszeit | ca. 1000 |
| Verfasser bzw. Erfasser | Martin Schallermeir: Mering. Aus Vergangenheeit und Gegenwart, 1983 |
| Anmerkung | Karl Christl und Franz Xaver Riedl, Sagen und Erzählungen aus dem Landkreis Aichach-Friedberg, Aichach 1988 |
| kurze Inhaltsbeschreibung | Die Sage berichtet von einem Birnbaum, der solange keine Gefahr einfallender Reiterheere zu befürchten ist, keine Früchte trägt. |
Gemeinde: Mering
Auf dem Lechfeld bei Mering
86415 Mering