Leonhard- oder Marienkapelle - diese Frage bleibt bis heute bei der Kapelle in Sand unbeantwortet. Die Kapelle wird seit mindestens drei Generationen von den jeweiligen Familien der Obermühle in Sand unterhalten und gepflegt. Sie wird deshalb in der Gemeinde auch als Müller-Kapelle bezeichnet. Diese Gebetsstätte mit dem dazugehörigen Grundstück, wurde jedoch erst 1979 auf Antrag der Gemeinde Todtenweis in das Grundvermögen der ehemaligen Obermühle in Sand überführt und gehört seit dieser Zeit offiziell zum landwirtschaftlichen Anwesen in der Langweider Str. 7. Das Landesamt für Denkmalpflege, das die Kapelle 1977 in die Denkmalliste der Baudenkmäler aufnahm, wählte die neutrale Bezeichnung Feldkapelle. Die Erbauungszeit wurde von diesem Amt auf die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts geschätzt.
Für die Annahme als Leonhardskapelle sprechen die Erwähnungen als solche durch den ehemaligen Todtenweiser Pfarrer Dr. Reinhold Schwarz (1980-1989) in seiner Geschichte zur Pfarrei Todtenweis, die 1988 in Druck ging. So schreibt er in einem geschichtlichen Überblick auf Seite 9, dass die Kapelle dem heiligen Leonhard geweiht ist und zur Obermühle gehört. Beim Überblick zu den religiösen Bräuchen auf den Seiten 33ff erwähnt er einen Bittgang am 6. November, dem Gedenktag des heiligen Leonhard, zur Leonhardi-Kapelle nach Sand.
Eine weitere Erwähnung als Leonhard-Kapelle findet sich im Bistums-Archiv unter Pfarrei Todtenweis bei den Aufzeichnungen des Pfarrers Alfred Volkert (1933-1943), der ebenfalls im Zusammenhang mit einer Prozession am Leonharditag die Bezeichnung Leonhardikapelle wählte. Beide Pfarrer wählten diese Bezeichnung in Verbindung mit diesen Bittgängen nach Sand, die in früheren Zeiten an den Leonhardi-Gedenktagen in der Pfarrei Todtenweis durchgeführt wurden. Nach dem Leonhardi-Amt in der Pfarrkirche um Abwendung aller Krankheiten und Viehseuchen gingen die Kirchenbesucher anschließend in einem Bittgang zur Sander Kapelle. Unter Pfarrer Karl Michler (1943-1966) wurde dieser Brauch aufgegeben. Da sich im Bistums-Archiv bisher keine weiteren Hinweise auf die Namensgebung als Leonhard-Kapelle fanden, ist es durchaus denkbar, dass beide Pfarrer allein wegen dem Zusammenhang mit diesen Bittgängen die Gebetsstätte als Leonhard-Kapelle
bezeichneten.
Für ein Bauwerk zu Ehren der Hl. Maria können jedoch zwei Argumente angeführt werden. Zum einen sind es die mündlichen Überlieferungen in der Familie Mayershofer/Wiesmüller, in der zu keiner Zeit von einer Leonhard-Kapelle die Rede war und zum anderen die frühere Ausstattung und Ausschmückung der Kapelle. In der Kapelle befand sich nach Mitteilung der Fam. Mayershofer in früherer Zeit (etwa bis Ende des II. Weltkrieges) als Blickfang in der Mitte in einer großen Wandnische eine aus Holz geschnitzte Madonna, die in einer Glasglocke stand. Dieser Schrein wurde zu beiden Seiten am Nischenrand mit einem blauen Vorhang eingegrenzt. Zudem war die Decke der Kapelle mit blauer Farbe und goldenen Sternen ausgemalt. Unterhalb dieser Hauptnische befanden sich drei kleinere Nischen, in denen sich etwas kleinere Holzfiguren des Hl. Leonhard, einer Anna selbdritt und des Hl. Wendelin standen. Anna selbdritt bezeichnet in der christlichen Kunst eine Darstellung der heiligen Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesusknaben. Der heilige Wendelin war der Patron der Hirten, Schäfer und Bauern und galt als Fürsprecher gegen Viehseuchen und für gedeihliches Wetter. Zum Schutz vor Viehseuchen wurden alle drei genannten Heiligen als Fürbitter angerufen.
Diese Ausschmückung, die Ausstattungen mit den Figuren und die Angaben der Familie Mayershofer/Wiesmüller (darunter einer Zeitzeuging mit Jahrgang 1924), wonach innerhalb der Familie nie von einer Leonhardi-Kapelle die Rede war, lassen eher den Schluss zu, dass es sich um eine Marienkapelle handelt.
In die Kapelle wurde in den Wirren der Nachkriegszeit und in den 1980iger Jahren eingebrochen und jeweils die Figuren entwendet. Bei der jetzigen etwas einfacheren Ausstattung handelt es sich um eine Marienfigur in der Mitte, eine Figur des hl. Christopherus zur rechten Seite und eine Figur der heiligen Barbara zur linken Seite.
Die Kapelle wurde in den 60iger Jahren durch Xaver Helfer (im Rahmen seiner Meisterprüfung als Maurermeister) und danach in den Jahren 1979 (durch Herrn Johann Mayershofer), 1994 und 2003 (jeweils durch den Gartenbauverein) restauriert.
| Quelle | Franz Riß: Gebetsstätten in der Gemeinde Todtenweis, Todtenweis 2009, Manuskript im Gemeindearchiv. |
| jetziger Zustand | gut |
| Träger | Besitzer, Karl Mayershofer |
| Lage | Kapellenstraße im Ortsteil Sand |
Gemeinde: Todtenweis
Kapellenstrasse
86447 Sand